Der drohende Streik wird flächendeckend für Verspätungen, Flugausfälle und erhitzte Gemüter sorgen. Passagiere fragen nach den Konsequenzen und ihren Rechten als Fluggast: Wir beantworten die wichtigsten Fragen vom Schadenersatz bis hin zu Verpflegung und Hotel-Unterbringung.
UPDATE: Wie die ZEIT meldet, ist der drohende Fluglotsenstreik nach Angaben von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) vorerst abgewendet. Für diesen Mittwoch seien weitere Gespräche vereinbart worden.
Nach dem Scheitern der Tarifverhandlungen zwischen der Deutschen Flugsicherung (DFS) und der Gewerkschaft der Fluglotsen (GdF) läuft heute die dreitägige Friedenspflicht ab. Eine erfolgreiche Einigung in letzter Sekunde scheint für beide Seiten nicht mehr in Betracht zu kommen, zu festgefahren sind die Ansichten und Streitpunkte. So tagt noch heute die Tarifkommission der GdF und entscheidet über das weitere Vorgehen – ein bundesweiter Streik der Fluglotsen gilt als unausweichlich.
Da Streiks mindestens 24 Stunden vor Beginn angekündigt werden müssen, könnte der Arbeitskampf frühestens am Dienstagabend beginnen. Nach jetzigem Kenntnisstand wird mit einem Beginn der Arbeitsniederlegung für den frühen Mittwoch gerechnet. Nach Informationen, die NIEDblog vorliegen, wird eine Arbeitsniederlegung sogar erst ab Donnerstag angestrebt. Die Gewerkschaft hat zudem angekündigt, einen möglichen Streik zunächst nur stundenweise – nicht etwa wie in Griechenland den ganzen Tag – durchzuführen. Gleichwohl sind die möglichen Auswirkungen gravierend. Kritik gibt es derweil nicht nur von Deutschlands größter Fluggesellschaft Lufthansa: Eine Unternehmenssprecherin teilte am Wochenende mit, dass der Ausstand nur unbeteiligte Dritte treffe. „Alle entstehenden Kosten würden an die Fluggesellschaften weitergereicht werden.“ Zudem würde ein Streik die Deutsche Flugsicherung (DFS) selbst gar nicht treffen, da sie für derartige Leistungen als Monopolist in Deutschland auftritt.
Ratgeber für den Fluglotsen-Streik
An wen muss ich mich wenden?
Erster Ansprechpartner für den Reisenden ist immer die durchführende Fluggesellschaft, bei Pauschalreisen der Reiseveranstalter. Dies gilt vor allem für mögliche Ersatzleistungen oder Erstattungen. Wurde die Reise über ein Reisebüro gebucht, so werden etwaige Erstattungen meist dann auch vom Reisebüro im Nachgang durchgeführt.
Mein Flug wurde gestrichen – und nun?
Nach EU-Verordnung für Fluggastrechte muss die Airline im Falle einer Annulierung den Kunden per Ersatzflug zum Ziel befördern. Airlines wie Lufthansa und Air Berlin bieten ihren Kunden bei innerdeutschen Flügen auch Ausweichmöglichkeiten mit der Deutschen Bahn. Eine Annullierung im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 ist die Nichtdurchführung eines geplanten Fluges, für den zumindest ein Platz reserviert war. In der Wartezeit hat der Fluggast Anspruch auf kostenlose Betreuung. Die Airline hat auf Kundenwunsch für Mahlzeiten, Erfrischungsgetränke, zwei Telefongespräche / Telefaxe oder EMails sowie für notwendige Hotelübernachtungen inklusive Transfer zu sorgen. Der Kunde kann jedoch im Falle einer Annulierung auch auf eigenen Wunsch vom Luftbeförderungsvertrag zurücktreten und sich den kompletten Flugpreis (inkl. Steuern und Gebühren) erstatten lassen – eine Bearbeitungsgebühr darf dabei nicht erhoben werden. Für Pauschalreisende ist dem Reiseveranstalter zunächst eine angemessene Frist von einigen Stunden zu setzen, um einen Ersatzflug zu organisieren. Verstreicht diese erfolglos, kann er sich selbst um einen angemessenen Ersatztransport bemühen.
Und was gilt, wenn mein Flug Verspätung hat?
Auch hier trifft die EU-Verordnung klare Regelungen. Ab einer Verspätung von zwei Stunden (auf Kurzstreckenflügen bis 1.500 km), drei Stunden (bei Mittelstrecken bis 3.500 km) bzw. vier Stunden (auf der Langstrecke ab 3.500 km) besteht Anspruch auf Mahlzeiten und Getränke in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit sowie zwei unentgeltliche Telefonate oder Telefaxe oder Emails. Wer genervt aufgibt und die Reise nicht mehr antreten will, kann bei einer mindestens fünfstündigen Flugverspätung die komplette Rückerstattung des Flugpreises verlangen.
Gibt es Schadenersatz oder Ausgleichsleistungen?
Gemäß Verordnung (EG) Nr. 261/2004 sind die Airlines zur Zahlung eines pauschalen Schadensersatzes, der sogenannten Ausgleichsleistung, verpflichtet, wenn der Fluggast nicht mindestens zwei Wochen vor Abflugdatum über die Annullierung informiert wurde. Die Höhe der Ausgleichsleistung richtet sich nach der Entfernung der gebuchten Flugstrecke (zwischen 250 und 600 Euro). Diese Regelung gilt nicht im Streikfall! Ist die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen (z.B. Streik), entfällt die Verpflichtung zur Zahlung der Ausgleichsleistung.
Gilt das auch für Pauschalreisen?
Bei mehr als vier Stunden Verspätung eines Pauschalreise-Fluges können nach Auffassung der Gerichte für jede weitere Stunde regelmäßig 5 Prozent des Tagespreises gemindert werden. Ausgefallene Reisetage müssen vom Veranstalter ebenfalls erstattet werden. Pauschalreisende, die aufgrund der Umstände lieber wieder nach Hause möchten, können den Reisevertrag wegen höherer Gewalt dann kündigen, wenn die Reise durch den Streik erheblich beeinträchtigt ist. Hier kommt es wesentlich auf die Umstände des Einzelfalles an: Eine 14tägige Pauschalreise wird bei 5stündiger Verspätung regelmäßig nicht so erheblich beeinträchtigt sein, dass dies die Kündigung des gesamten Reisevertrages rechtfertige (der Reisepreis kann dennoch gemindert werden). Bei Wochenendtrips und Kurzurlauben wird eine Verspätung oder Annulierung regelmäßig weitreichendere Folgen haben und je nach Einzelfall die Kündigung rechtfertigen.
Ich habe meine Kreuzfahrt verpasst. Wer zahlt den Schaden?
Sie haben als Individualreisender eine Kreuzfahrt gebucht und verpassen aufgrund des verspäteten oder annulierten Fluges die Abfahrt? Sie erreichen Ihren Anschlussflug mit einer anderen Airline nicht? Oder Sie können eine Mietwagen- oder Hotelbuchung wegen Verspätung oder Flugausfall nicht wahrnehmen? Dann bleiben Sie im schlimmsten Fall auf Ihren Kosten sitzen. Auch bei sog. Folgeschäden hat die Airline im Streikfall wegen höherer Gewalt in aller Regel keinen Schadenersatz zu leisten. Ebenso können entgangene Urlaubsfreuden nicht geltend gemacht werden. Etwas anderes gilt für Pauschalurlauber, hier kommt es jedoch ganz wesentlich auf den Einzelfall an (s.o.).
Hinweis: Bei den oben genannten Ausführungen handelt es sich um unverbindliche Orientierungshilfen mit Beispielfällen. Dies kann eine individuelle Rechtsberatung nicht ersetzen. Für Schäden und Folgeschäden, die durch die Anwendung dieser Orientierungshilfe entstehen, kann der Betreiber der Seite sowie die Redaktion keine Haftung übernehmen. Für individuelle Rechtsfragen konsultieren Sie bitte unbedingt einen zugelassenen Rechtsanwalt.
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