Vielleicht beginnen wir zum Einstieg mit einem kurzen Einblick in Ihren spannenden, persönlichen Werdegang: Wann und aus welchen Beweggründen kamen Sie nach Deutschland?
Nach Deutschland kam ich im Jahr 1988, noch als Student. Ich wollte damals einfach die Chancen nutzen, das Land persönlich kennen zu lernen, dessen Sprache mich so fasziniert hat. Ich wollte auch meine Sprachkenntnisse auch noch einmal richtig vertiefen, mit einem 2. Germanistik-Studium.
In Deutschland merkten Sie, dass Sie doch mehr über Ihr Heimatland erfahren wollten und begannen ein Sinologiestudium. Wie kam es letztlich zu Ihrem Erfolgsunternehmen China Tours?
Der Weg dazu war nicht so direkt, obwohl im Nachhinein auch schon fast selbstverständlich. Statt meinem Germanistik-Studium nachzugehen, fing ich an das Bier brauen zu lernen, dem Vorschlag von meinem deutschen Freund folgend, der mich nach Deutschland eingeladen hatte. In meiner Freizeit, von der ich sehr viel hatte, habe ich viel gelesen und dabei auch die Geschichte und Kultur Chinas neu entdeckt. Ich habe ein neues China entdeckt, wovon ich in meinem Leben nie etwas erfahren hat als ich in China gelebt habe. Diese hat mich so fasziniert, dass ich mich dazu entschließ, mit dem Bierbrauen aufzuhören und Sinologie zu studieren. Um mein Studium zu finanzieren, habe ich neben Jobs in Chinarestaurant angefangen, Freunde und Bekannten für eine Chinareise anzuwerben. So begann mein Berufsleben als Reiseveranstalter.
Heute ist China Tours zum Marktführer erwachsen, der sowohl im Hinblick auf Kundenzufriedenheit als auch in Service-Tests stets mit Bestnoten abschneidet. Was ist das Geheimnis dieses Erfolges?
Marketing war anfangs für mich nicht so wichtig, da ich weder Mittel noch Zeit dazu hatte. Stattdessen habe ich mich von Anfang an dem Ziel verschrieben, ein echtes, authentisches China mit seinen vielen Facetten zu vermitteln. Unsere Reisen sind daher schon immer etwas Besonderes. Nicht nur, dass unsere Gäste sich abseits des Massentourismus bewegen. Ich will ihnen neben der Großen Mauer und der Terrakotta Armee auch noch das lebendige Leben und noch unbekannten historische und kulturelle Seiten des Landes zeigen. Und wenn schon die Große Mauer, dann aber das Bauwerk und die Landschaft so erleben, dass diese auf die Reisenden richtig wirken können: in einer Zeit, wenn nicht gleichzeitig 100.000 anderen Touristen da sind, sondern (fast) alleine da.
Sie betreiben neben Ihrer Zentrale in Hamburg auch drei Büros in China: Peking, Shanghai und Guilin. Wie wichtig ist es für die Reiseorganisation, direkte Ansprechpartner in der Zielregion zu haben?
Es ist ein unentbehrlicher Bestandteil unserer Philosophie, wie meine Gäste inChina erleben. Nur durch permanente Präsenz vor Ort können wir die rasante Entwicklung in China mitbekommen, die Änderungen in die neuen Reiseprogramme einfließen lassen, die Struktur anpassen, damit man z.B. nicht plötzlich vor unerwartete Probleme steht wie das Verschwinden einer Straße weil eine neue Autobahn gerade fertig ist oder neue Vorschriften, die neue Möglichkeiten eröffnen…
China Tours setzt bei den Reiseleitern bewusst auf einheimische Chinesen, die über hervorragende Deutsch-Kenntnisse verfügen. Ein Konzept, das sich bewährt?
Und wie! Das eines unserer größten Erfolgsgeheimnisse. Nur mit ihnen vor Ort direkt in Kontakt mit den Gästen können wir gewährleisten, dass sie das Land authentisch erleben, das Land nicht nur wie Fremde betrachten, sondern dem näher kommen, eine Beziehung zu dem Land und zu seinen Menschen aufbauen, und eine touristische Reise zu einem menschlichen Begegnung werden zu lassen. Die einheimische Reiseleiter sind die Grundvoraussetzung, obwohl es alleine noch lang nicht reicht. Sie müssen dazu permanent geschult werden.
Für viele Deutsche ist China noch ein kleines Mysterium: Bilder und Erzählungen aus dem „Reich der Mitte“ wecken viel Neugier, aber auch Skepsis vor der fremden Kultur. Was raten Sie Kunden vor ihrem ersten China-Abenteuer?
Ihr China-Bild zu Hause liegen lassen, mit offenen Augen und offenen Herzen hingehen. Es wäre wirklich sehr schade, wenn man mit einem vorgefertigten Chinabild hingeht und nur versucht, die Szene aufzunehmen, die zu ihrem Chinabild passen würden. Da wäre die Reise umsonst, nein, es wäre ein großer Verlust.
Sie sagten in der Vergangenheit bereits mehrfach den prägnanten Satz „China besteht nicht nur aus der Großen Mauer und der Terrakotta Armee“. Verraten Sie uns Ihre 3 persönlichen China-Höhepunkte, die man nicht verpassen sollte?
Ich kann nicht mehr sagen, was die drei wichtigsten Höhepunkte sein können. Jeder kann sehr abweichende Highlights in China finden. Es ist einfach zu groß und so kontrastreich. Erwähnen kann ich z.B. Die Schluchten-Landschaft am Yangtse, die märchenhaften Berglandschaft in Guilin – nicht nur die touristische Flussfahrt auf dem Li-Fluß, die alten Rundhäuser der Hakka in Fujian, die vielen heiligen Berge des Buddhismus, des Taoismus oder des Konfuzianismus wie der Wutai Shan, der Song Shan, der Wudang Shan oder die grandiosen Naturlandschaften in Westchina entlang der Seidenstrasse bzw. auf dem tibetischen Hochland. Sie sehen, drei Höhepunkte reichen bei weitem nicht aus.
Zum Abschluss noch ein paar Worte zum „Haus der Spezialisten“. Was ist Kernziel der Kooperation und welche Vorteile ergeben sich sowohl für Ihr Unternehmen als auch für den Kunden?
Das Ziel ist einfach, der Kunde findet bei uns Reisen in aller Welt, aber jede Reise aus der Hand eines echten, ausgezeichneten Spezialisten, der seine Region wirklich kennt und liebt, und nicht von einem, der die ganze Welt einfach bei vielen fremden Agenturen zusammengekauft hat.
Herr Guosheng, wir sagen „xiè xiè!“ für die spannenden Antworten und wünschen Ihnen weiterhin alles Gute für das Reisejahr 2013!
Das Interview führte Alex Mirschel
Liu Guosheng ist Geschäftsführer beim Hamburger China-Reisespezialisten China Tours.