Wir nehmen es vorweg: die Überschrift soll bewusst provozieren. Derzeit macht nämlich eine „sensationelle Meldung“ aus Norwegen die Runde durch unsere Medienlandschaft (z.B. hier, hier, hier oder hier) und löst „Unruhe“, „Angst“ und „jede Menge Ärger“ aus: Laut einer Umfrage des Radiosenders NRK unter 389 norwegischen Piloten ist jeder Zweite von ihnen schonmal im Cockpit eingenickt – ganzen 2 % der Befragten sei dies sogar schon häufiger passiert!
Das klingt zwar höchst dramatisch und bedenklich, in Wahrheit ist das kurze Nickerchen im Cockpit jedoch bei fast allen großen Fluggesellschaften an der Tagesordnung. Fluggesellschaften wie die deutsche Lufthansa AG haben dabei den positiven Effekt der „Naps“ schon vor geraumer Zeit erkannt und eine „Napping Policy“, also eine Dienstvorschrift für das geregelten Pausenschläfchen, eingeführt. Dabei bleibt einer der beiden Piloten wach und weckt den anderen spätestens nach 30 Minuten. Sicherheitshalber kontrollieren die Business-/First Class Flugbegleiter im Rahmen des Checks alle 10 Minuten , dass nicht beide Flugzeugführer eingeschlafen sind. In aller Regel befindet sich auch zudem ein Wecker an Board.
Aber auch andere Gesellschaften wie die deutsche Condor fahren ähnliche Sicherheitsrichtlinien, denn gerade bei Nordatlantik-Überquerungen mit stundenlanger Monotonie (wenig Funkverkehr, kaum optische oder akkustische Veränderungen) stellt sich nicht die Frage, ob die Müdigkeit eintritt, sondern wann dies passiert. Condor erlaubt daher bei zurückgefahrenem Sitz eine wechselweise „Controlled Napping“-Dauer von etwa 15 Minuten.
Einer der Vorreiter der „Napping“-Strategie im Personenflugverkehr war übrigens Air New Zealand, die in Flugphasen ohne absehbare Kurs- oder Höhenveränderungen eine Schlafdauer von 45 Minuten erlaubt. Übrigens mit Ohrstöpseln und Schlafbrille, allerdings ebenfalls unter ständiger Kontrolle des Kabinenpersonals entsprechend der Briefingvereinbarungen.
Unabhängig von den „Naps“, also den kurzen Nickerchen, haben die großen Fluggesellschaften allerdings gerade bei Interkontflügen eine dreiköpfige Cockpitbesatzung und gewähren wechselnde (richtige) Pausenzeiten im Crewrest von bis zu 3 Stunden.
Wir lernen aus diesem Artikel vor allem eines: weit mehr als 50% der Piloten sind schonmal (legal) im Cockpit eingenickt 😉